Wegweiser Am Infoladen

1) sogenanntes Ausländeramt

„Der Kreis Paderborn ist zuständig für aufenthaltsrechtliche Angelegenheiten der Ausländerinnen/Ausländer, die sich im Kreisgebiet Paderborn aufhalten.“ (Homepage des Kreises Paderborn)

Sprache drückt Haltung aus. Für den Kreis Paderborn sind Menschen, die fliehen müssen oder die manchmal schon ihr ganzen Leben in Paderborn leben „Ausländerinnen / Ausländer“. Es drückt das Verständnis aus, dass einige Menschen zur Gesellschaft dazu gehören und andere Menschen „Ausländer“ sind.
In der Behörde an der Bahnhofstraße wird zum Beispiel entschieden, wer „reisefähig“ ist und „abgeschoben“ werden kann. Dort wird entschieden, welche Atteste keine „qualifizierten Bescheinigungen“ (§60a Abs. 2c AufenthG) sind und deshalb nicht berücksichtigt werden müssen.
Die Behörde fordert z.B. von Menschen aus dem Libanon einen Identitätsnachweis. Wird dieser erbracht, wird sofort die „Abschiebung“ eingeleitet. Wird er nicht erbracht, wird die finanzielle Unterstützung mit der Begründung gekürzt, dass die Mitwirkungspflicht nicht erfüllt wurde. Arbeiten darf der Mensch nicht.
Die Behörde setzt die Residenzpflicht (Juristensprache: „räumliche Beschränkung (§ 56 AsylG, § 61 AufenthG“)) gegenüber Menschen im Asylverfahren und „geduldete“ Menschen durch. Das bedeutet, dass Menschen sich nicht frei innerhalb der Grenzen dieses Landes aufhalten dürfen. Sie dürfen nicht ihre Eltern in München für zum Beispiel eine Woche besuchen.
Die Behörde des Kreises Paderborn an der Bahnhofstraße hat einen großen Ermessensspielraum, unter welchen Umständen Menschen, die zum Beispiel fliehen mussten, in Paderborn leben können. Die Verwaltung hat den Ermessensspielraum, wann Menschen, die Gewalt auf der Flucht erfahren haben, in Paderborn bleiben können, um ihre Gesundheit wieder herzustellen. 

2) Abschiebeknast Büren

n Büren (UfA Büren, Stöckerbusch 1, 33142 Büren) ist der größte Abschiebeknast Deutschlands mit 140 Plätzen.
„Abschiebehaft bedeutet, dass eine Ausländerbehörde oder die Bundespolizei einem Menschen
bis zu seiner Abschiebung monatelang die Freiheit entziehen kann.
Der einzige Grund dafür ist, dass der Behörde die Durchführung der Abschiebung damit erleichtert werden soll. Es handelt sich bei Abschiebehaft also nicht um eine Strafe sondern „nur“ um eine Sicherungsmaßnahme. Dennoch wird der oder die Betroffene in einem speziellen Abschiebegefängnis (wie in Büren) oder in Polizeigewahrsam hinter Gittern untergebracht.
Abschiebehaft ist ein großes Unrecht in Deutschland.
    • Es ist völlig unverhältnismäßig, einem Menschen das Grundrecht auf Freiheit zu entziehen, nur um einen Verwaltungsakt wie die Abschiebung einfacher durchführen zu können.
    • Für Abschiebehaft reicht ein „begründeter Verdacht“ aus, dass jemand sich möglicherweise seiner Abschiebung entzieht. In der Praxis gibt es immer wieder absurde und falsche Begründungen für Abschiebehaft: Zum Beispiel konnten wir als Begründung für die Inhaftierung lesen, der Betroffene habe ausgesagt, dass er nicht in sein Herkunftsland zurück möchte.
    •  Abschiebehäftlinge müssen für ihre Haftkosten auch noch selbst bezahlen!
    • Viele Flüchtlinge leiden in Abschiebehaft unter Angst und Depressionen: Ihre Zukunft ist völlig unsicher – sie wissen nicht wann sie abgeschoben werden, was sie im Herkunftsland erwartet oder ob sie vielleicht doch noch bleiben können. Immer wieder kommen Selbsttötungen vor.
    • Die Dauer der Abschiebehaft ist willkürlich, denn sie hängt allein davon ab wie lange die deutschen Behörden und die Behörden des Herkunftslandes brauchen, um Ersatzpapiere und die Abschiebung selbst zu organisieren.
    • Eine Dauer von 3 Monaten oder mehr ist bei bestimmten Herkunftsländern die Regel, wenn erst noch ein Passersatzpapier besorgt werden muss!
    • Maximal kann Abschiebehaft sogar bis zu 1½ Jahre lang angeordnet werden, wenn der oder die Betroffene angeblich oder tatsächlich seine/ihre Abschiebung verhindert.
    • Flüchtlinge müssen inzwischen teilweise im Abschiebegefängnis auf die Entscheidung über ihren Asylantrag warten. Andere werden in Abschiebehaft genommen, um sie innerhalb Europas von einem Land in ein anderes zu transportieren.“
Quelle: https://www.gegenabschiebehaft.de/hfmia/index.php?id=45

Jedes Jahr am 30. August gibt es eine Mahnwache vor dem Abschiebegefängnis:

„Seit 1999 erinnert der Verein Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. an Rachid Sbaai und alle anderen Menschen, in Abschiebehaft ihr Leben lassen mussten. …
Am 30.8.1999 verstarb Rachid Sbaai in einer Isolationszelle der Abschiebehaft Büren. Ursache war ein Brand, die genauen Umstände sind bis heute nicht aufgeklärt. Sein Tod reiht sich ein in eine Vielzahl von Opfern der deutschen Abschiebemaschinerie. Mindestens vier Menschen haben allein in dem Abschiebegefängnis in Büren ihre Haftzeit nicht überlebt.“
Quelle: http://www.aha-bueren.de/

3) Polnisch-Belarusische Grenze

Grenze zu Belarus bleibt tödlich
Ein junger Arzt stirbt im Grenzsumpf, doch polnische Behörden diskreditieren Helfende
Am 7. Januar wurde im polnischen Wald nahe Białowieża, unweit der Grenze zu Belarus, ein Toter gefunden. Spürhunde entdeckten ihn, nachdem seine Begleitpersonen von polnischen Grenzschützern festgenommen worden waren und sein Verschwinden meldeten. Wenige Tage später konnten Aktivist*innen der Gruppe Hope&Humanity Poland die Begleitpersonen von Belarus aus ausfindig machen und mit ihnen die Identität des Toten aufklären: Der 24-jährige Ibrahim Dihiya war Arzt und vor dem Bürgerkrieg im Jemen geflohen. Über Ägypten, Russland, Belarus. Er habe bereits mehrere Pushbacks von polnischen Uniformierten erlebt, berichteten Aktivist*innen gegenüber polnischen Medien.
Auf Facebook berichteten Begleitpersonen des Toten vom Grenzsumpf: »Das Wasser war eisig, darin Stacheldraht, starke Strömung, das Flussbett schlammig. Wir blieben mehrmals stecken, überquerten den Fluss etwa vier Stunden lang. Einer hatte sich an den Drähten verletzt. Wir trugen ihn an Land: Er blutete an seinen Füßen. Polnische Soldaten sahen uns, wir baten sie um Hilfe, aber sie reagierten nicht auf uns. Nach zwei Stunden brachten sie uns zurück ins Niemandsland, ohne dem Verletzten zu helfen.«
Magdalena Łuczak von Grupa Granica (GG) und der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte ist knapp zwei Wochen später in ständigem Kontakt mit dem Vater des Toten. Die Familie beantrage gerade ein Visum, um den Sohn zu sehen. »Aber bisher erhielten sie nicht einmal eine Einreisegenehmigung zur Identifizierung des Toten.« Handybilder aus dem Wald sollten ausreichen. Łuczak sagt: »Sein Vater schrieb vor Kurzem verzweifelt: Wir können nicht an seinen Tod glauben, solange wir ihn nicht gesehen haben!«“
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170360.illegale-pushbacks-grenze-zu-belarus-bleibt-toedlich.html