Aktuelles aus dem Mittelmeer

Nach vier Einsätzen brauchen 415 aus Seenot gerettete Menschen – darunter Babys und viele Kinder – sofort einen sicheren Hafen

Hallo
Seebrücke Paderborn,
bange Stunden liegen hinter uns und wir sind froh weitere 207 Menschen sicher auf der Humanity 1 zu wissen. Mirka, Menschenrechtsbeobachterin, und Camilla, Sprecherin, berichten von Bord:
„Seit sechs Tagen waren wir mit vielen Überlebenden auf der Humanity 1 und auf der Suche nach einem sicheren Hafen. In dieser bereits schwierigen Lage, in der alle an Bord dem Warten ausgeliefert waren, erreichte uns ein schwerwiegender Notruf von Alarmphone. Ein Boot mit mehr als 200 Menschen befand sich über 20 Stunden östlich von uns entfernt in Seenot.

Die Lage war ausgesprochen ernst. Lebensbedrohlich. Die Menschen an Bord berichteten, seit über einer Woche auf See gewesen zu sein, einige Tage ohne Essen und Trinkwasser. Auf dem Boot waren unter anderem schwangere Frauen und viele Kinder.

Weil wir von keiner Rettungsstelle informiert wurden, haben wir trotz der großen Entfernung gemeinsam als Crew beschlossen, der Pflicht Leben zu retten nachzukommen.“
Auf dem Weg zum Einsatz erreichen uns weitere beunruhigende Nachrichten. Menschen springen über Bord, um eines der Handelsschiffe zu erreichen, die inzwischen vor Ort eingetroffen sind. Glücklicherweise konnten sie gerettet und die Situation insgesamt etwas stabilisiert werden.

Vor Ort eingetroffen, beginnt unsere Crew unverzüglich mit der Rettung der Menschen aus einem völlig überbesetzten Boot. Von Sonnenuntergang bis Einbruch der Dunkelheit können wir 207 Frauen, Kinder und Männer sicher an Bord der Humanity 1 bringen.

Nach dieser vierten Rettung innerhalb von sieben Tagen befinden sich 415 Überlebende auf der Humanity 1. Zuvor waren zwischen dem 6. und 10. September in drei Einsätzen erst 111, dann 72 und nochmal 25 Menschen gerettet worden.
Fast die Hälfte der Geretteten sind Kinder und Jugendliche, 113 davon sind alleine ohne erwachsene Begleitung.
Viele der Überlebenden befinden sich seit mehr als einer Woche auf See, sind erschöpft und geschwächt. Unser medizinisches Team berichtet außerdem von Wunden, die auf Misshandlungen und Folter zurückzuführen sind. Viele der Verletzungen stammen laut Aussage der Überlebenden aus Libyen.

Diese Menschen brauchen sofort einen sicheren Ort, an dem sie an Land gehen können!

Über 40.000 Menschen haben bereits unsere Petition (https://sos-humanity.org/petition-sos-auf-dem-mittelmeer/) unterschrieben, die genau das einfordert. Europäische Rettungsleitstellen sind völkerrechtlich verpflichtet, unverzüglich einen sicheren Ort für aus Seenot gerettete Menschen zuzuweisen.

Seit der ersten Rettung vor sieben Tagen haben wir bereits zehn Anfragen nach einem sichern Ort an die zuständigen Behörden gestellt. Unterzeichne auch du (https://sos-humanity.org/petition-sos-auf-dem-mittelmeer/) unsere Petition an Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Fälle wie dieser, bei denen Menschen stunden- oder sogar tagelang ohne Hilfe auf offener See treiben, zeigen, wie dringend notwendig sie sich für ein europäisches Such- und Rettungsprogramm einsetzen muss.

Danke für deine Unterstützung und viele Grüße von deinem SOS Humanity 

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Regensburg, Trapani
Das Rettungsschiff SEA-EYE 4 ist von Trapani in Richtung zentrales Mittelmeer aufgebrochen. Ermöglicht wurde die fünfte Rettungsmission in diesem Jahr maßgeblich durch die Stadt Bochum, die im Juli eine Schiffspatenschaft für das Seenotrettungsschiff SEA-EYE 4 übernommen hatte. Die Patenschaft enthält eine Förderung, die sich aus Haushaltsgeldern der Stadt (30.000 €) und Spenden der Zivilbevölkerung (37.714 €, Stand: 30.08.2022) zusammensetzt. Insgesamt ergab die Kampagne „Bochum Rettet (https://sea-eye.org/bochum-rettet/) “ damit eine Förderung in Höhe von 67.714 €, die für die Missionsvorbereitungen der SEA-EYE 4 verwendet wurden.

„Die Unterstützung aus Bochum kam zum richtigen Zeitpunkt. Wir erleben derzeit eine Gleichzeitigkeit verschiedener Krisen, was insgesamt auch zu einem Spendenrückgang bei Sea-Eye geführt hat. Bochum hat gezeigt, wie man mit lokalem Engagement einen Weg aus der Solidaritätskrise an den EU-Außengrenzen finden kann. Wir wünschen uns, dass sich noch viele Kommunen anschließen werden“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

In den Sommermonaten wagen besonders viele Menschen die Flucht aus dem Bürgerkriegsland Libyen. In Tripolis sind im Zuge eines Konflikts zwischen dem Ministerpräsidenten Abdul Hamid Dbeibah und Ex-Innenminister Fathi Baschagha am Wochenende wieder Kämpfe mit zahlreichen Toten ausgebrochen.

Dr. Angelika Leist, German Doctors-Einsatzärztin und Schiffsärztin begleitet die aktuelle Sea-Eye Mission: „Ich engagiere mich auf der Sea-Eye 4, weil es nicht sein darf, dass Menschen auf der Flucht vor einem nicht lebenswerten Leben in Lebensgefahr geraten und keine offizielle Instanz ihnen hilft. Natürlich kann die zivile Notrettung nur eine Übergangslösung sein. Eigentlich sollten die EU-Länder gemeinsam eine Seenotrettung organisieren und nicht noch die sogenannte libysche Küstenwache mit Push-Backs beauftragen. Grundsätzlich wäre es natürlich wünschenswert, die westlichen Länder sorgten gemeinsam mit den Herkunftsländern dafür, dass die Lebensbedingungen vor Ort so sind, dass die Menschen nicht mehr flüchten müssen. Solange dies aber nicht der Fall ist, bin ich froh, als German Doctors-Einsatzärztin helfen zu können. Mein letzter medizinischer Einsatz in den Flüchtlingscamps auf Thessaloniki hilft mir sicher dabei, die Gäste an Bord der Sea-Eye 4 und ihre Beweggründe besser zu ve
rstehen.“ 

 

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Heute beginnt der erste Einsatz unseres Rettungsschiffes Humanity 1. Wir haben drei Crewmitglieder gefragt: “Was bedeutet Menschlichkeit für dich?”

Hallo
Seebrücke Paderborn,
wir sind zurück auf See! Nach monatelangen und intensiven Vorbereitungen hat die Humanity 1 heute Mittag den spanischen Hafen Vinaròs Richtung zentrales Mittelmeer verlassen. Dort werden wir in einigen Tagen eintreffen, um Menschen vor dem Ertrinken zu retten.

In den vergangenen Tagen hat die Crew an Bord unermüdlich gearbeitet und trainiert – ohne diese Übungen und sorgfältigen Vorbereitungen wäre der Einsatz nicht möglich. Wir haben drei Mitglieder der ersten Humanity 1-Crew interviewt und wollten vor allem wissen: „Was bedeutet Menschlichkeit für dich?“.

Die Antworten findest du im #BehindTheScenes dieser Woche: Meet the team!
WAS BEDEUTET MENSCHLICHKEIT FÜR DICH?
https://sos-humanity.org/stimmen/stimmen-des-teams/rocco-such-und-rettungskoordinator/

„Menschlichkeit ist ein Gefühl.
Man wird als Mensch geboren, das ist nichts, was man lernt.“

Rocco, Such- und Rettungskoordinator

Im vollständigen Interview erfahrt ihr, welche Faktoren bei einem Rettungseinsatz zu beachten sind und was während jeder Rettung wichtig ist.

Mehr lesen… (https://sos-humanity.org/stimmen/stimmen-des-teams/rocco-such-und-rettungskoordinator/)

https://sos-humanity.org/stimmen/stimmen-des-teams/nina-rhib-koordinatorin/

„Menschlichkeit bedeutet, nicht weg zu sehen und Situationen, Ereignisse oder Entwicklungen nicht als gegeben zu betrachten. Besonders als sehr privilegierte Person ist jedes Nicht-Handeln auch ein Unterlassen.“

Nina, RHIB-Koordinatorin

Welche Aufgaben unsere Schnellboot-Koordinatorin hat und wie es ist, als Frau* in einer männlichen geprägten Umgebung zu arbeiten, steht im vollständigen Interview. Mehr erfahren… (https://sos-humanity.org/stimmen/stimmen-des-teams/nina-rhib-koordinatorin/)
https://sos-humanity.org/stimmen/stimmen-des-teams/michael-notfallsanitaeter/

“Menschlichkeit bedeutet für mich, das eigene Handeln zumindest in Ansätzen zu reflektieren und sich zu fragen, wie das Empfinden einer Situation bei vertauschten Rollen wäre. Und sich dementsprechend respektvoll gegenüber der eigenen Umwelt zu verhalten (…).”

Michael, Notfallsanitäter

Was Michael außerdem Politiker*innen gerne sage würde, kannst du auf unserer Webseite  nachlesen.

Zum Interview… (https://sos-humanity.org/stimmen/stimmen-des-teams/michael-notfallsanitaeter/)

Wir sind froh, mit einer so tollen Crew wieder in den lebensrettenden Einsatz zu starten!
#TogetherForRescue und viele Grüße von eurem SOS Humanity – Team
Unterstütze uns mit deiner Spende! (https://sos-humanity.org/spenden/)
P.S. Das Sterben im Mittelmeer, ist kein Unglück. Es ist die Konsequenz der von Menschen gemachten und gewollten Politik. Deshalb fordern wir die deutsche Bundesregierung in unserer Petition „SOS auf dem Mittelmeer!“ (https://sos-humanity.org/petition-sos-auf-dem-mittelmeer/) auf, sich für eine europäisch koordinierte Seenotrettung einzusetzen. Hilf uns dabei: Unterzeichne (https://sos-humanity.org/petition-sos-auf-dem-mittelmeer/) oder teile die Petition mit Freund*innen 👇!
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https://resqship.org/59-gerettete-auf-nadir/

 

 

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Hallo zusammen,
das passiert alltäglich auf dem Mittelmeer:
Mittelmeer, Regensburg
Von Sonntag bis Montag (04.-05. September) suchte die Crew des Rettungsschiffs SEA-EYE 4 nach einem Seenotfall in der maltesischen Such- und Rettungszone, der von AlarmPhone an die SEA-EYE 4 und die maltesische Rettungsleitstelle gemeldet worden war. AlarmPhone sendete mehrfach aktualisierte Koordinaten, bis die Verbindung zu den 82 Menschen abriss.
Die maltesische Rettungsleitstelle unternahm keine erkennbaren Versuche, das Boot zu finden. Die maltesische Rettungsleitstelle behauptete bei einem Telefonat gegenüber eine*r Mitarbeiter*in von AlarmPhone, dass es “keine Informationen” habe. Schließlich wurde der AlarmPhone-Mitarbeiter*in vorgeworfen, dass sie die Leitung für andere Seenotfälle besetzen würde.
Aufgrund der Größe des Suchgebietes war es der SEA-EYE 4 nicht möglich, das Boot ohne aktualisierte Koordinaten zu finden. Über den Verbleib der 82 Menschen gibt es keine Informationen. Obwohl sich der Seenotfall in der maltesischen Such- und Rettungszone ereignet hatte, bezog Malta die SEA-EYE 4 nicht in eine koordinierte Suche ein.
„Nach intensiven Tagen der Suche durch unsere Crew, wissen wir nichts über das Schicksal der Menschen, die in der Such- und Rettungszone eines EU-Mitgliedsstaates um Hilfe gerufen haben. Hätte Malta ein Aufklärungsflugzeug geschickt und uns in die Suche einbezogen, hätten wir die Menschen möglicherweise gefunden. Das jedenfalls hätte die maltesische Rettungsleitstelle unternommen, wenn es sich um Europäer*innen in Seenot gehandelt hätte“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.
Seebrücke Paderborn,
Martin Henze

Gemeinsame Veranstaltung des Projektbereichs ‘Eine Welt’ des Astas und Seebrücke Paderborn

Eingeladen ist Martin Kolek, der auf dem Aufklärungsschiff Nadir Teil der Schiffcrew ist. In seinem Bericht informiert er über Erfahrungen, die die Nadir mit der Lybische Küstenwache gemacht hat. Er beschreibt den Auftrag als Beobachtungsschiff, die Vorfälle hinsichtlich der Einhaltung von internationalem Seerecht zu dokumentieren. Durch den Vortrag entsteht ein Bild der Strukturen, die  von Organisationen und Menschen getragen werden, die dem Sterben und dem Bruch von internationalem Recht nicht tatenlos zusehen wollen. Martin Kolek bringt Fotos und Videos von seinen Einsätzen mit, die eindrucksvoll die Situationen festhalten, in denen die Nadir auf Boote trifft, in denen Menschen vom Untergang bedroht sind. Auch die bedrückenden Eindrücke bekommen Raum, wenn Hilfe zu spät kommt. In Reggio Calabria in Süditalien ist auch mit Unterstützung von Herrn Kolek ein Mahnmal für ertrunkene und vermisste Menschen entstanden. Die Veranstaltung findet am Freitag um 20 Uhr im ASTA Stadtcampus, Königstraße 1 statt und ist gemeinsam von dem Projektbereich ‘Eine Welt’ des ASTAs und von Seebrücke Paderborn organisiert. Ziel ist es in einen Dialog mit den Anwesenden über Fragen wie „Sind Menschenrechte verhandelbar?“ oder „Welche ethischen Grundsätze bilden die Grundlage dieser Gesellschaft“ zu kommen.